Die indische Aktivistin Vandana Shiva über Ökofeminismus, Großkonzerne und basisdemokratische Alternativen:
»Wiener Zeitung«: Was sagen Sie als Aktivistin zu den Zielen der jüngsten Klimakonferenz in Paris?
Vandana Shiva: Sie signalisieren: Gefahr in Verzug. Vereinbart wurde, dass der Temperaturanstieg weniger als 1,5 Grad ausmachen soll. Das sind aber keine bindenden Vereinbarungen, es handelt sich um freiwilliges Engagement. De facto läuft das auf etwa fünf Grad an globaler Erwärmung hinaus. Dass Regierungen das erlauben, zeigt die Schizophrenie und die Verantwortungslosigkeit im Umgang mit dem Klima.
Viele Schwellenländer wie Indien haben sich gegen die Klimaziele gesträubt …
Das stimmt nicht. Vielmehr hat Indien ein absolut verrücktes Wachstumsmodell, das die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zur Folge hat. Wir hatten seit langem erneuerbare Energien, doch die Weltbank, die Investoren, sie alle wollen billige Energie. Die Verantwortung liegt also nicht nur bei den Staaten, sondern auch bei der Weltwirtschaft. Wir sollten mehr über den ökologischen Fußabdruck der US-Supermarktkette Walmart reden.
Sie haben 30 Jahre lang über ökologische Landwirtschaft recherchiert.
50 Prozent der Treibhausgase werden von der industriellen Nahrungsmittelindustrie produziert. Sie zerstört die Erde und schadet den Bauern. Ob ich nun mit Farmern im Himalaja spreche oder mit Bergbauern in Österreich, sie haben alle dieselben Probleme: betrügerische Märkte und schmelzende Gletscher. Dabei gibt es eine einfache Lösung für die Probleme der industriellen Lebensmittelproduktion: Biologische Landwirtschaft. Wir müssen den großen Produzenten verbieten, unseren Planeten zu zerstören.