Eine Erde, eine Gesundheit – Samen der Freiheit gegen Hunger, Mangelernährung und Krankheit ausbringen

Vandana Shiva Blogbeitrag | Eine Erde, eine Gesundheit

Das industrielle Landwirtschaftsmodell basiert auf Gewalt und Krieg – Krieg gegen die Erde und gegen unsere Körper. Es hat zu strukturellem Hunger, Mangelernährung und Krankheit geführt.

Wir müssen zu gewaltfreien Alternativen übergehen, die die Gesundheit des Planeten und der Menschen schützen, die die biologische Vielfalt regenerieren und gesunde Böden und gesunde Lebensmittel schaffen.

Die biologische Vielfalt ist die Quelle von Gesundheit im Kontinuum des Lebensnetzes. Die biologische Vielfalt sorgt für gesunde, lebendige Böden, die gesunde, nährstoffreiche Pflanzen in großer biologischer Vielfalt hervorbringen, die wiederum gesunde, biodiverse Lebensmittel produzieren, die die biologische Vielfalt in unserer Darmflora, die Grundlage unserer Gesundheit, nähren. Die Gesundheit unseres Mikrobioms wird zunehmend als die Grundlage für unsere Gesundheit anerkannt.

Die Artenvielfalt außerhalb und die Artenvielfalt innerhalb von uns sind miteinander verbunden. Die Artenvielfalt in unseren Böden, die Artenvielfalt auf unseren Bauernhöfen und Tellern, kultiviert und nährt die Artenvielfalt in unserem Mikrobiom.

Die Gesundheit des Planeten und unsere Gesundheit ist »One Health« – »Eine Gesundheit«.

Wir können durch Gesundheit miteinander verbunden sein, wenn wir die Integrität und die Grenzen von Arten und Ökosystemen respektieren, oder wir können durch Krankheit miteinander verbunden sein, wenn wir ihre Integrität verletzen.

Wenn wir Wälder und ihre biologische Vielfalt zerstören, um kommerzielle Monokulturen von GVO-Soja im Amazonasgebiet und Palmöl in Indonesien und Afrika anzubauen, verursachen wir Epidemien wie Ebola, HIV, Zika, die Kyasanur-Waldkrankheit und weitere 300 neuartige Infektionskrankheiten, die in den letzten drei Jahrzehnten der Globalisierung und des grenzenlosen Wirtschaftswachstums aufgetreten sind.

Wir dringen in Ökosysteme ein, weil unser landwirtschaftliches und wirtschaftliches Paradigma auf der Maximierung der Rohstoffgewinnung und der Profite aus den Ökosystemen beruht, anstatt die biologische Vielfalt zu hüten, um die »Eine Gesundheit« zu maximieren, wie es die indigenen Kulturen über Jahrtausende hinweg getan haben. 80 % der biologischen Vielfalt befinden sich heute in den 25 % der Gebiete, die von indigenen Völkern bewohnt werden.

Arten und Kulturen wurden ausgerottet, und die Gesundheit des Planeten und unsere Gesundheit haben sich verschlechtert.

Wenn wir die biologische Vielfalt in den Wäldern zerstören, schaffen wir neue Infektionskrankheiten. Wenn wir die biologische Vielfalt in uns selbst zerstören, verursachen wir chronische Krankheiten.

Wenn wir die Artenvielfalt unseres Mikrobioms durch industrielle und ultra-verarbeitete Lebensmittel zerstören, nehmen chronische Krankheiten wie Diabetes und Krebs epidemische Ausmaße an. 72,69 Millionen Inder haben Diabetes. 1,39 Millionen haben Krebs. Diese Zahl wird bis 2025 voraussichtlich auf 1,57 Millionen steigen.

Chronische Krankheiten, die während der Covid-Pandemie als Komorbiditäten bezeichnet werden, erhöhen das Sterberisiko während einer Pandemie. Das Risiko, an einer Covid-Infektion zu sterben, steigt um 9,2 % bei Diabetes und um 7,6 % bei Krebs.

»One Health« bedeutet, dass wir die Rechte aller Arten und ihren ökologischen Raum, ihre ökologischen Prozesse und ökologischen Grenzen respektieren. »Eine Gesundheit« erfordert einen integrierten, ökologischen Ansatz und nicht einen militarisierten, mechanistischen, reduktionistischen Ansatz, der Arten, die Teil unseres Körpers und der Erde sind, zu »Feinden« erklärt, die ausgerottet werden müssen. Krankheit ist Dysbiose, die Störung der Symbiose, der Selbstorganisation und der Selbstregulierung, die es lebenden Organismen und Ökosystemen ermöglicht, sich in einem Zustand der Gesundheit zu befinden.

Wir haben die Wahl, nicht mehr in die Wälder einzudringen und sie stattdessen zu regenerieren. Wir haben die Wahl, die chemische Invasion in unsere landwirtschaftlichen Betriebe und in unseren Darm zu stoppen, die unsere landwirtschaftliche Artenvielfalt von Bodenorganismen und Pflanzen sowie die Artenvielfalt in unserer Darmflora zerstört. Indem wir uns vielfältig ernähren, können wir die biologische Vielfalt in unserem Darm regenerieren und ernährungsbedingten Krankheiten entgegenwirken.

Lebensmittel und Nahrung sind die Währung des Lebens, die durch das Lebensnetz fließt und Gesundheit schafft. Das Lebensnetz ist ein Nahrungsnetz, das durch biologische Vielfalt gewoben ist.

Das Paradigma der industriellen Landwirtschaft ist ein militaristisches, mechanistisches Paradigma, das im Laufe des letzten Jahrhunderts zahlreiche und ausgeklügelte Instrumente zur Vernichtung der biologischen Vielfalt und zur Bedrohung der Gesundheit entwickelt hat.

Zuerst wurde dem Ungeziefer und der Artenvielfalt der Insekten der Kampf angesagt.

Pestizide und Insektizide wurden entwickelt, um Insekten zu töten. Wir sind Zeugen eines Insektensterbens und Verschwindens von Bestäubern, die ein Drittel unserer Nahrung produzieren. Nach Angaben der UN sterben jährlich 200.000 Menschen an Pestizidvergiftungen.

Dann wurde der Artenvielfalt der Pflanzen der Krieg erklärt.

Herbizide wie RoundUp wurden entwickelt, um »alles Grüne« zu vernichten, also auch Nahrungspflanzen, nicht kultivierte Lebensmittel, Heilpflanzen und Pflanzen, die als Nahrung für Bestäuber dienen. Glyphosat/RoundUp ist laut WHO auch ein Karzinogen. Weltweit sterben jedes Jahr 10 Millionen Menschen an Krebs.

Mit Covid ist den Mikroben der Krieg erklärt worden.

Doch ohne Mikroben gibt es kein Leben und keine Gesundheit.

Die mikrobielle Artenvielfalt ist die eigentliche Grundlage des Lebensgefüges. Mikroben – Bakterien, Viren, Pilze – sind für die Aufrechterhaltung gesunder Ökosysteme – in Böden, Pflanzen, Tieren und unserem Körper – unerlässlich. Der Verlust und die Aushöhlung der biologischen Vielfalt durch den übermäßigen Einsatz von Chemikalien mit dem Ziel, sie zu zerstören, hat das Aufkommen pathogener Mikroben ermöglicht. Wir sind Teil der Natur und ihrer Ökosysteme. Wenn wir der Gesundheit des Ökosystems schaden, schaden wir unserer eigenen Gesundheit.

Gesundheit ist ein Verhältnis von Gleichgewicht und Respekt, von Bewusstsein und Verantwortung.

Ein Lebensmittelsystem, das die biologische Vielfalt zerstört, indem es anderen Lebewesen das Leben nimmt, beraubt auch einen großen Teil der Menschheit des ihr zustehenden Anteils an Nahrung, ihres Rechts auf Leben und ihres Rechts auf Gesundheit.

Hunger- und Mangelernährungspandemien forderten bereits vor Covid Millionen von Menschenleben. Laut der nationalen Erhebung zur Familiengesundheit 2015-2016 der indischen Regierung sind 35,7 % unserer Kinder untergewichtig, 38,4 % haben eine zu geringe Körpergröße im Bezug auf das Alter und 21 % haben ein zu geringes Gewicht im Bezug auf die Körpergröße.

Von den 1,04 Millionen Todesfällen bei Kindern unter fünf Jahren im Jahr 2017 sind mehr als 706.000 auf Mangel- und Unterernährung zurückzuführen.

Covid hat die Anfälligkeit erhöht, da Menschen ihre Lebensgrundlage und ihren Arbeitsplatz verloren haben. Pro Minute sterben sieben Menschen an den Folgen des Covid-Virus. Jede Minute sterben elf Menschen an den Folgen des Hungervirus.

Das zweite UN-SDG-Ziel lautet: Null Hunger, Ernährungssicherheit und verbesserte Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern.

Das dritte UN-SDG-Ziel ist: Gute Gesundheit und Wohlbefinden.

Beide sind durch die biologische Vielfalt in den Lebensmittelsystemen miteinander verbunden.

Chemisch intensive, auf Monokulturen basierende, nicht nachhaltige und ungerechte Lebensmittelsysteme verursachen Hunger und Krankheiten. Ökologische, biodiverse, nachhaltige und gerechte Systeme haben das Potenzial, sowohl Hunger als auch Krankheiten zu verringern, indem sie die biologische Vielfalt in uns und um uns herum kultivieren.

Wir können die biologische Vielfalt durch Sorgfalt und Verantwortung kultivieren und aufhören, Schaden anzurichten.

Wenn wir diese Verbindung zwischen biologischer Vielfalt, Nahrung und Gesundheit, zwischen Hunger und Krankheit, zwischen unserer Krankheit und dem hungrigen Kind, zwischen Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit sehen, dann ist das »One Health«.

Wir können damit beginnen, Gesundheit durch die Lebensmittel, die wir anbauen und essen, zu kultivieren. Die Wissenschaft lehrt uns heute, dass Lebensmittel lebendig sind. Essen ist ein Akt der Kommunikation. Beim Essen kommunizieren wir mit der Erde, dem Landwirt und denjenigen, die unsere Nahrung verarbeiten. Unsere Nahrung kommuniziert wiederum mit den nützlichen Bakterien in unserem Darm, und durch diese Kommunikation wird unsere Gesundheit erhalten und unsere Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten erhöht.

Die Gesundheit des Bodens ist unsere Gesundheit

Der Boden ist unsere Gesundheit

»Die Gesundheit von Boden, Pflanze, Tier und Mensch ist eins und unteilbar.«
– Albert Howard

Unsere Gesundheit und die Gesundheit des Planeten sind »One Health« – »Eine Gesundheit«. Unsere Gesundheit hängt mit der Gesundheit des Bodens zusammen, mit dem Saatgut und den Pflanzen, die wir anbauen, mit den Lebensmitteln, die wir essen, mit den Insekten und Mikroben, von denen wir abhängen, mit dem Wasser und dem Klima, die das Leben erhalten.

Unsere Gesundheit beginnt in gesunden Böden. Gesunde Böden sind lebende Systeme.

Der Boden, der Darm und unser Gehirn sind ein einziges, miteinander verbundenes Biom – Gewalt an einem Teil davon löst Gewalt in dem gesamten, miteinander verbundenen System aus.

Der Boden ist kein leerer Behälter, in den man synthetische chemische Düngemittel schütten kann. Pflanzen sind keine Maschinen, die mit NPK-Dünger aus Fabriken und Minen versorgt werden.

Wir wissen, dass der Boden lebendig ist. Prof. Rattan Lal, der den Welternährungspreis 2020 erhielt, hat gesagt:

»Ich glaube, dass der Boden ein Lebewesen ist. Das ist das, was Bodengesundheit bedeutet. Boden ist Leben. Jedes Lebewesen hat Rechte. Deshalb hat auch der Boden Rechte.«

Deshalb nennen indigene Kulturen das Land und den Boden Mutter Erde, Bhoomi Ma, Pachamama.

Und weil die Erde unsere Mutter ist, dürfen wir sie nicht mit Giften und Chemikalien und schweren Maschinen verletzen, die den lebendigen Boden zertreten und verdichten.

Der Atharva Veda ruft zum Gebet für Prithvi, die Erde, auf, in dem es auch um das Bewusstsein der Zurückhaltung und der Achtung von Grenzen geht:

»Lass das, was ich von dir, oh Erde, ausgrabe, schnell wieder entspringen und wachsen.
Oh Reiniger, lass mich nicht deine Lebenskraft oder dein Herz durchbohren.«

Die heute vorherrschende Politik und deren Gesetze scheinen der Erde das Gegenteil zu sagen: »Wir werden so tief und so gewaltsam graben, wir werden so brutal, in so großem Maßstab und mit so hoher Geschwindigkeit platt walzen, dass wir deine Lebenskraft und dein Herz durchbohren und sicherstellen, dass nichts mehr aus dir wachsen kann.«

Sowohl die ökologische Wissenschaft als auch unsere alte Weisheit lehren uns, dass alles Leben vom Boden abhängt. Aber wir geben uns heute gedankenlos der Illusion hin, dass der menschliche Fortschritt darauf beruht, wie schnell wir den Boden zerstören, ausgraben und verbrauchen können.

Die indische Zivilisation hat sich über Tausende von Jahren erhalten, weil sie den Boden als heilig und unantastbar verehrt hat. Sie behandelte den Boden und das Land als Vasundhara, Bhoomi, Dharti Ma, Maati Ma, Mutter Erde. Unsere Kultur der Ehrfurcht vor der Erde hat unser Bewusstsein geprägt.

Der Boden ist keine leblose, tote Materie. Der Boden ist kein leerer Behälter. Der Boden ist lebendig.

Gesunde Böden sind voller biologischer Vielfalt, die die Gesundheit des Planeten aufrechterhält, indem sie an den Kohlenstoff- und Stickstoffkreisläufen teilnimmt und diese aufrechterhält.

Ein Gramm Boden enthält bis zu einer Milliarde Bakterienzellen, die aus Zehntausenden von Taxa bestehen, bis zu 200 Millionen Pilzhyphen und eine Vielzahl von Milben, Nematoden, Regenwürmern und Gliederfüßern.

Ein Teelöffel lebendiger Boden enthält sechs Milliarden Mikroorganismen, darunter eine Milliarde Bakterien, was eine Tonne pro Acre entspricht. Ein Kubikmeter Boden enthält tausend Regenwürmer, 50.000 Insekten und zwölf Billionen Rundwürmer.

Ein Kubikmeter gesunder Boden kann 25.000 Kilometer Mykorrhizapilze beherbergen, was dem doppelten Erddurchmesser entspricht. Die Pilze sind lebende, intelligente Systeme, die selektieren und unterscheiden, die Nährstoffe in Gegenseitigkeit geben und nehmen. Sie sind intelligente Filter, die lebenswichtige Nährstoffe aufspüren, sie aufnehmen und mit den Pflanzen teilen. Sie schließen schädliche Substanzen aus. Intelligenz bedeutet, zwischen dem Guten und dem Schlechten zu wählen und zu unterscheiden. Die Fähigkeit lebender Organismen, zwischen essenziellen und schädlichen Stoffen zu unterscheiden und nur den Austausch der nützlichen Stoffe durch die schützenden Membranen zu fördern, macht Leben und Gesundheit in lebenden Systemen möglich, von der kleinsten Zelle über Mikroben bis hin zu den Organen in unserem Körper und unserem Körper als Ganzem.

Albert Howard erinnert uns daran:

»Der Boden ist in der Tat voll von lebenden Organismen. Es ist wichtig, ihn als etwas zu begreifen, in dem das Leben pulsiert, und nicht als eine tote oder träge Masse. Es gibt keinen größeren Irrtum, als den, die Erde als tot zu betrachten: eine Handvoll Erde ist voller Leben. Die lebenden Pilze, Bakterien und Protozoen, die unsichtbar im Bodenkomplex vorhanden sind, werden als Bodenpopulation bezeichnet. Diese Population von Millionen und Abermillionen winzigen Existenzen, die für unsere Augen natürlich unsichtbar sind, führt ihr eigenes Leben.«
– Albert Howard, »Der Boden und die Gesundheit: Eine Studie über den ökologischen Landbau«

Wenn wir uns um den Boden kümmern, produzieren wir auch mehr Lebensmittel auf weniger Fläche. Fruchtbare Böden sind die nachhaltige Antwort auf Lebensmittel- und Ernährungssicherheit. Die ökologische Landwirtschaft ist die einzig wahre Antwort auf den Klimawandel. Die Luftverschmutzung, die sich in der Atmosphäre angesammelt hat, beträgt heute etwa 400 Teile pro Million (ppm) Kohlendioxid. Dies ist der Grund für den Treibhauseffekt und das Klimachaos, einschließlich des Temperaturanstiegs. Um den Temperaturanstieg auf zwei Grad Celsius zu begrenzen, müssen wir die Kohlenstoffkonzentration in der Luft auf 350 ppm reduzieren.

Es ist notwendig, die Emissionen zu reduzieren und aus den fossilen Brennstoffen auszusteigen, aber es ist auch erforderlich, den Überschuss an Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu reduzieren und ihn wieder in den Boden einzubringen, wo er hingehört. Hier bietet uns die ökologische, regenerative Landwirtschaft einen Lösungsweg. Dabei geht sie auch gegen Ernährungsunsicherheit und Hunger vor, kehrt die Wüstenbildung um, schafft Existenzsicherung durch ökologische Sicherheit und damit den Weg zum Frieden.

Vor allem aber ermöglicht sie den Übergang von einem gewalttätigen Paradigma, gewalttätigen Strukturen und Systemen zu einem gewaltfreien Paradigma, Strukturen und Systemen, die auf Ahimsa  (Sanskrit für »Gewaltlosigkeit«; Anm.d.Ü.) basieren und das Wohlergehen aller Menschen einschließen. Die ökologische Landwirtschaft ist die Antwort auf Dürre und Klimawandel. Sie ist auch eine Friedenslösung. Wenn wir den Boden und unsere kulturelle Vielfalt nicht respektieren und uns nicht kollektiv zu Ahimsa verpflichten, können wir als Zivilisation schnell zerfallen. Für mich ist die ökologische Landwirtschaft das Dharma, das die Saat für Frieden und Wohlstand für alle sät. Sie hilft uns, aus dem Teufelskreis von Gewalt und Degeneration auszubrechen und positive Kreisläufe zu schaffen, die auf Gewaltlosigkeit und Regeneration basieren.

Howard beschäftigte sich mit der zentralen Rolle der Mykorrhizapilze bei der Schaffung von Humus und lebendigem Boden.

Wenn wir das Gesetz der Rückführung (»Law of Return«) praktizieren, gehen wir eine symbiotische Beziehung mit dem Boden ein. Wir geben den Bodenorganismen Nahrung. Die lebenden Organismen erledigen den Rest der Arbeit, indem sie Nahrung, Nährstoffe und Gesundheit für die Pflanzen produzieren, die wiederum uns ernähren und uns Gesundheit bringen.

Bodenorganismen wie Mykorrhizapilze und Pflanzen gehen eine symbiotische Beziehung ein. Die Pilze wählen Nährstoffe aus, bringen sie zu den Pflanzen und schützen sie vor Toxinen, während die Pflanzen den Pilz mit Kohlenhydraten aus der Photosynthese versorgen. Böden, die reich an Nützlingen sind, regen die Pflanzen dazu an, gesundheitsfördernde und krankheitsbekämpfende Moleküle zu produzieren, nämlich Polyphenole, die als Antioxidantien und Entzündungshemmer wirken.

Industriell bewirtschaftete Böden, die von außen mit synthetischen Stickstoffdüngern versehen werden, zerstören Bodenorganismen wie die Mykorrhizapilze, die als kreative Filter die Pflanzen mit Nährstoffen versorgen. Die Pflanzen müssen mit einem Giftcocktail aus synthetischen Düngemitteln, Herbiziden wie Glyphosat/RoundUp, Pestiziden und Fungiziden zurechtkommen, die unsere Lebensmittel kontaminieren. Die Pflanzen müssen mit einer chemischen Diät leben und werden der symbiotischen Hilfe von Pilzen beraubt, die ihnen helfen, wichtige Nährstoffe wie Zink und Magnesium zu finden. Dies sind jedoch die Nährstoffe, die Pflanzen und Tiere, einschließlich des Menschen, benötigen, um Enzyme zu bilden, die zur Regulierung unseres Stoffwechsels und unserer Biochemie, zum Aufbau des Immunsystems, zur Bekämpfung von Krankheiten und zur Erhaltung unserer Gesundheit erforderlich sind.

Durch die Zerstörung der biologischen Vielfalt der Böden produziert die industrielle Landwirtschaft nährstofflose, giftige Lebensmittel, die unserer Gesundheit schaden.

Laut einer Studie, die in der Zeitschrift des American College of Nutrition (ACN) und des American Journal of Agricultural Sciences (AJAS) in Washington DC, veröffentlicht wurde, ist der Nährstoffgehalt in Gemüse und Obst in den Vereinigten Staaten im Laufe der letzten 70 Jahren stetig zurückgegangen.

Blogbeitragsbild | Nährstoffgehalt in Lebensmitteln

Unsere Lebensmittel werden immer weniger nahrhaft: Der Nährstoffgehalt in Obst und Gemüse ist in den Vereinigten Staaten im Laufe der letzten 70 Jahren stetig zurückgegangen. In einer umfassenden Studie von Prof. Donald Davis von der University of Texas wurde der Verlust an Nährstoffen in Obst und Gemüse in den letzten 70 Jahren wie folgt quantifiziert: 6 % weniger Proteingehalt, 9 % weniger Phosphor, 15 % weniger Eisen und Vitamin C (Ascorbinsäure), 16 % weniger Kalzium, 18 % weniger Vitamin A und 38 % weniger Vitamin B (Riboflavin). [1]

Blogbeitragsbild | Nährstoffgehalt in Obst und Gemüse

Eine britische Metastudie, die mehr als 400 Studien umfasst, hat ergeben, dass ökologische Lebensmittel bis zu 60 % mehr nützliche Nährstoffe enthalten können als chemisch erzeugte Lebensmittel [2].

Eine Navdanya-Studie, die Böden – die chemisch oder ökologisch bewirtschaftet wurden – über einen Zeitraum von 20 Jahren miteinander verglich, zeigte einen dramatischen Rückgang der Bodennährstoffe in der chemischen Landwirtschaft und einen signifikanten Anstieg der verschiedenen Nährstoffe im ökologischen Landbau [3].

Blogbeitragsbild | Nährstoffgehalt in chemischer vs. biologischer Landwirtschaft

In den Böden ökologisch wirtschaftender Betriebe haben nicht nur die nützlichen Nährstoffe zugenommen, sondern auch die nützlichen Bodenorganismen. Die Pilzpopulation nahm in ökologisch wirtschaftenden Betrieben um das 6- bis 36-fache zu. In chemischen Betrieben sank sie um 2,5 – 49,7 %.

Die Bakterienpopulation nahm in Bioböden um 50 – 241 % zu.

Durch das Gesetz der Rückführung, durch die Pflicht, für die Gesundheit des lebendigen Bodens zu sorgen, indem wir etwas zurückgeben, kultivieren wir unsere eigene Gesundheit.

Unsere Gesundheit und die Gesundheit des Bodens sind »Eine Gesundheit«.

Der ökologische Landbau ist die Pflege des Bodens, er ist ein öffentliches Gesundheitssystem.

Aus diesem Grund verlegen immer mehr Ärzte ihre Praxis auf Biobetriebe.

Wir sind mit dem Boden verbunden. Wenn die Böden gesund sind, sind auch die Gesellschaften gesund. Wenn die Böden krank und verödet sind, werden auch die Gesellschaften krank und die Herzen und Eingeweide der Menschen veröden.

So wie Humus im Boden Bodenpartikel bindet und Bodenerosion verhindert, bindet er auch die Gesellschaft und verhindert Gewalt und sozialen Zerfall. Da Humus für Nahrung, Lebensunterhalt, Wasser und Klimasicherheit sorgt, trägt er auch zum Frieden bei. So wie man nasses Stroh nicht mit einem Streichholz anzünden kann, können Gemeinschaften, die sicher sind, nicht von gewalttätigen Elementen angezündet werden, die sich von der Unsicherheit nähren, die durch ein Wirtschaftsmodell entsteht, das Swadeshi (von Gandhi initiierte Bewegung, nur einheimische Produkte zu nutzen; Anm.d.Ü.) tötet und nur dazu dient, dass die globalen Wirtschaftsmächte das herausholen, was sie wollen. Die Pflege des Bodens ist das höchste Ahimsa und schafft Frieden durch Beziehungen, die der Erde und den anderen keinen Schaden zufügen.

Indem wir uns um den Boden kümmern, gewinnen wir unsere Menschlichkeit zurück. Unsere Zukunft ist untrennbar mit der Zukunft der Erde verbunden. Es ist kein Zufall, dass das Wort „human – menschlich“ seine Wurzeln in »Humus« hat, dem lateinischen Wort für lebendige Erde. Und Adam, der erste Mensch in den abrahamitischen Traditionen, leitet sich von Adamah, dem hebräischen Wort für Erde ab.

Mahatma Gandhi schrieb: »Wenn wir vergessen, wie man die Erde gräbt und den Boden pflegt, vergessen wir uns selbst.«

Biologische Vielfalt bringt mehr Gesundheit und Nahrung pro Hektar

In den letzten Jahrzehnten hat die Agrarindustrie, die auf dem Paradigma der mechanistischen industriellen Landwirtschaft basiert, Monokulturen gefördert und zu einem großen Verlust an biologischer Vielfalt geführt. Sie hat auch ein verzerrtes Produktivitätsmaß gefördert, das die Illusion erweckt, dass wir mehr Nahrungsmittel produzieren, während wir tatsächlich nur nährstofflose landwirtschaftliche Produkte erzeugen, die zunehmend als Biokraftstoff und Tierfutter verwendet werden.

Eine Landwirtschaft, die sich ausschließlich auf den Verkauf von Agrochemikalien als externe Inputs für die Rohstoffproduktion konzentriert, hat das Maß für landwirtschaftliche Produktivität auf die reduktionistische Kategorie »Ertrag pro Hektar« herabgesetzt. Doch der Ertrag pro Hektar lässt die wichtigsten Aspekte von Lebensmitteln und Landwirtschaft außer Acht. Der Ertrag misst die Masse, die Menge einer Ware, nicht die nahrhafte Qualität der Lebensmittel. Daher ist er als Maß für die Ernährung im Zusammenhang mit der Gesundheit unzureichend. Der »Ertrag« misst auch nicht die Zerstörung der uns Nahrung und Gesundheit liefernden Artenvielfalt. Der »Ertrag« misst nicht die hohen finanziellen Kosten der giftigen Chemiemittel, die die Landwirte in die Schuldenfalle stürzen und sie in den Selbstmord treiben. Er misst auch nicht die Kosten der Krankheitslast, die durch Giftstoffe in unseren Lebensmitteln verursacht wird. Und schließlich misst der Ertrag pro Hektar nicht die ökologischen Kosten der chemischen Monokulturen.

Wir müssen davon abkommen, den »Ertrag pro Hektar« von nährstoffarmen, giftigen Monokulturen zu messen, deren Produktion mit hohen Kosten verbunden ist und die biologische Vielfalt und Gesundheit zerstören, und stattdessen den Nährstoffgehalt pro Hektar einer Vielfalt von Nutzpflanzen messen.

Wir bei Navdanya haben das Maß »Gesundheit pro Hektar« entwickelt, um den Nährwert pro Hektar zu messen. Wenn wir anstelle von chemischer Intensivierung und Kapitalintensivierung in unserer Landwirtschaft die Nahrungsmittelproduktion ökologisch und im Hinblick auf die Artenvielfalt intensivieren, können wir zwei Indien mit gesunden, ausgewogenen und nährstoffreichen Nahrungsmitteln versorgen, wie die Navdanya-Studie Health per Acre zeigt.

Eine biodiversitätsreiche Landwirtschaft produziert mehr Nährstoffe pro Hektar.

Vielfalt in unseren Betrieben und auf unseren Tellern ist die Antwort auf Mangelernährung, Hunger und Krankheiten. Der ökologische Mischanbau bringt im Vergleich zum konventionellen Monoanbau im Durchschnitt mehr Ertrag:

106 % mehr Kupfer
61 % mehr Mangan
243 % mehr Molybdän
64 % mehr Zink
120 % mehr Chrom

Blogbeitragsbild | Nährstoffgehalt in organische vs. Monokultur

Artenvielfalt ist »Eine Gesundheit«: Vom Boden über die Pflanzen, die wir essen, bis zu unserem Darmmikrobiom

Wir sind Lebewesen. Wir sind Multispezies-Organismen. Wir sind eine ökologische Gemeinschaft. Ein komplexes, selbstorganisiertes, selbstreguliertes Ökosystem.

Wir bestehen zu 90 % aus anderen Lebewesen, in erster Linie aus unseren Mitmikroben, die uns gesund halten. Die Artenvielfalt in uns wird durch die Artenvielfalt in unserer äußeren Umgebung und unserer Nahrung geformt und erhalten.

Das menschliche Mikrobiom besteht aus allen Mikroben – Bakterien, Pilzen und Viren – die in oder auf uns leben, einschließlich der Haut, der Milchdrüsen, der Samenflüssigkeit, der Gebärmutter, der Eierstockfollikel, der Lunge, des Speichels, der Mundschleimhaut, der Bindehaut, der Gallenwege und des Magen-Darm-Trakts.

Man schätzt, dass über 380 Billionen Viren in uns leben, eine Gemeinschaft, die als das menschliche Virom bekannt ist. Mehr als 38 Billionen Bakterien sind Teil von uns, dem menschlichen Biom.

Unser Darmmikrobiom besteht aus hundert Billionen Mikroorganismen und hundert Arten.

In unserem Darm leben 100.000-mal mehr Mikroben als Menschen auf der Erde.

Es besteht eine enge Verbindung zwischen der Artenvielfalt und der Gesundheit der Böden, der Pflanzen, unserer Darmflora und unseres Gehirns. Unser Darm ist ein Mikrobiom, das Billionen von Bakterien enthält.

Um gesund zu funktionieren, braucht das Darmmikrobiom eine vielfältige Ernährung, und eine vielfältige Ernährung braucht Vielfalt auf unseren Feldern und Gärten. Der Verlust an Vielfalt in unserer Ernährung führt zu Krankheiten.

Das ausgefeilte Ernährungsverständnis des Ayurveda hat die Vielfalt und gesunde Basis der traditionellen indischen Esskulturen geprägt. Heute ist diese reiche Ernährungskultur durch die Invasion von Junk-Food bedroht. Es ist an der Zeit, ayurvedische Leitfäden für eine gesunde Ernährungsweise zu erstellen und stärker Forschung zu einheimischen Lebensmitteln zu betreiben, und zwar nicht auf der Grundlage eines reduktionistischen mechanistischen kartesianischen Paradigmas, sondern auf der Grundlage des ayurvedischen Paradigmas der Verbundenheit und des Biodiversitätsparadigmas der »Einen Gesundheit«.

Ayurveda hat erkannt, dass die biologische Vielfalt der Nahrung die Grundlage der Gesundheit ist und dass die Ernährung und das Verdauungssystem für die körperliche und geistige Gesundheit von zentraler Bedeutung sind.

Ayurveda basiert auf den Quantenprinzipien der Nicht-Trennung und des Potenzials, nicht auf den mechanistischen Annahmen der Trennung, des Absolutismus, der externen Inputs und der Kontrolle.

Sogar die westliche Wissenschaft beginnt zu begreifen, was Ayurveda schon vor 100.00 Jahren verstanden hat – dass der Körper keine Maschine und die Nahrung kein Treibstoff ist, der die Maschine nach den Newtonschen Gesetzen von Masse und Bewegung antreibt. Nahrung ist keine »Masse«, sie ist lebendig, sie ist die Quelle des Lebens und die Quelle der Gesundheit.

Der Darm wird zunehmend als das zweite Gehirn bezeichnet. Er verfügt über ein eigenes Nervensystem, das als enterisches Nervensystem (ENS) bezeichnet wird und 50 bis 100 Millionen Nervenzellen umfasst. Unser Körper ist ein intelligenter Organismus. Die Intelligenz ist nicht im Gehirn angesiedelt. Sie ist verteilt. Und die Intelligenz im Boden, in den Pflanzen und in unserem Körper sorgt für Gesundheit und Wohlbefinden.

Ein gesunder Darm verfügt über eine Vielfalt und eine wirksame Barriere zwischen dem Inneren des Darms, wo Mikroben die Nahrung abbauen, und dem darmassoziierten Immunsystem, das die gesunde Interaktion und Kommunikation zwischen Darmmikroben und Immunzellen ermöglicht. Eine gesunde Gemeinschaft und Interaktion führen zu allgemeiner Gesundheit. Je größer die Artenvielfalt in einem Ökosystem ist, desto höher seine Widerstandsfähigkeit und Resistenz gegen Krankheiten. Dies gilt auch für unser Darm-Ökosystem. Die Zerstörung der Artenvielfalt im Darmmikrobiom ist verantwortlich für Entzündungen und Stoffwechselstörungen, die zu vielen chronischen Krankheiten führen, darunter Typ-2-Diabetes, Fettleibigkeit, Verhaltensstörungen, kognitiver Verfall, Depressionen und degenerative Hirnerkrankungen. Wenn die biologische Vielfalt unseres Darms aufgrund von Giftstoffen oder Mängeln in den Lebensmitteln, die wir zu uns nehmen, zusammenbricht, kann es zu gesundheitlichen Pandemien kommen – Magen-Darm-Infektionen, Autoimmunerkrankungen wie Asthma, rheumatoide Arthritis, entzündliche Darmerkrankungen, Autismus-Spektrum-Störungen, Fettleibigkeit und Stoffwechselerkrankungen.

»One Health« bedeutet, dass wir erkennen, dass die mikrobielle Artenvielfalt wichtig für den Aufbau unseres Immunsystems ist. So wie die Bodenmikroben den Pflanzen helfen, zu wachsen und gesund zu bleiben, versorgen uns die Mikroben in unserem Körper mit Nährstoffen und erhalten unsere körperliche und geistige Gesundheit. Sie stärken unsere Widerstandskraft im Kampf gegen Krankheiten. Da wir mehr Bakterien als Menschen sind, können die in der Landwirtschaft verwendeten Gifte wie Pestizide und Herbizide, die über die Nahrung in unseren Darm gelangen, nützliche Bakterien abtöten. Unsere Darmmikroben verarbeiten die Nahrung, die wir essen, und verwandeln sie in Nährstoffe für unseren Körper und unser Gehirn. Ähnlich wie die biologische Vielfalt des Bodens erfüllt auch unser Darmmikrobiom lebenswichtige ökologische Funktionen wie die Bereitstellung und Aufnahme von Nährstoffen, den Schutz vor Krankheitserregern, die Aufrechterhaltung von Barrieren zur Filterung von gesundheitsfördernden und -schädigenden Stoffen sowie die Umwandlung unserer Nahrung in die verschiedenen chemischen Stoffe und Enzyme, die unsere Gesundheit erhalten. Das Darmmikrobiom ist an lebenswichtigen Prozessen wie der Verdauung, der Energiehomöostase und dem Stoffwechsel, der Synthese von Vitaminen und anderen Nährstoffen sowie der Entwicklung und Regulierung der Immunfunktion beteiligt. Es trägt auch zur Produktion zahlreicher Verbindungen bei, die ins Blut gelangen und verschiedene Gewebe und Organe des Körpers beeinflussen.

Der Ayurveda empfiehlt sechs Geschmacksrichtungen für eine ausgewogene Ernährung: süß, sauer, salzig, scharf, heiß, bitter und adstringierend.

Hinter jedem Geschmack stehen Potenziale für Prozesse, die die selbstregulierenden Systeme unseres Körpers schaffen und erhalten. Agni – die Energie – im Verdauungstrakt ist der große Transformator, der die entstehenden Eigenschaften erzeugt.

Geschmacksrezeptoren befinden sich nicht nur auf der Zunge, sondern sind über den gesamten Magen-Darm-Trakt verteilt und befinden sich an sensorischen Nervenenden und hormonhaltigen Wandlerzellen in der Darmwand.

Neue biologische Erkenntnisse zeigen nun, dass der Darm über Sensoren für verschiedene Geschmacksrichtungen verfügt und dass verschiedene Stoffwechselprozesse durch die Vielfalt der Geschmäcker gesteuert werden. Es gibt 25 verschiedene Rezeptoren für Bittergeschmack.

Wie die Forschungen von Dr. Eric Seralini zeigen, kommuniziert die hoch entwickelte Intelligenz im komplexen Ökosystem unseres Darms mit der Nahrung, die wir zu uns nehmen. Wenn wir frische und biologische Lebensmittel essen, werden die Regulierungsprozesse, die die Gesundheit sicherstellen, gestärkt. Wenn wir chemische Lebensmittel mit Giftstoffen essen, führt die Kommunikation zu Krankheiten.

Bestimmte Moleküle und sekundäre Pflanzenstoffe, die in Kräutern und Gewürzen enthalten sind, aktivieren bestimmte Geschmacksrezeptoren und lösen bestimmte Stoffwechselprozesse aus. Süßstoffrezeptoren stimulieren die Aufnahme von Glukose in den Blutkreislauf und die Freisetzung von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse, wenn sie Glukose wahrnehmen. Mayer erklärt: »Die Vielzahl von sekundären Pflanzenstoffen aus einer Ernährung, die reich an verschiedenen Pflanzen ist, in Kombination mit der Vielzahl perfekt aufeinander abgestimmter sensorischer Mechanismen in unserem Darm, synchronisiert unser internes Ökosystem, unser Darmmikrobiom, mit der Welt um uns herum …. (Mayer, S. 59). Die sensorischen Systeme des Darms sind die nationale Sicherheitsagentur des menschlichen Körpers, die Informationen aus allen Bereichen des Verdauungssystems, einschließlich der Speiseröhre, des Magens und des Darms, sammelt und die meisten Signale ignoriert, aber Alarm schlägt, wenn etwas verdächtig aussieht oder nicht stimmt. Wie sich herausstellt, handelt es sich um eines der komplexesten Sinnesorgane des Körpers« (Mayer, S. 63).

Essen ist ein Austausch zwischen dem Boden, den Pflanzen, den Zellen in unserem Darm und den Zellen in unserer Nahrung sowie zwischen unserem Darm und unserem Gehirn. Essen ist ein intelligenter Akt auf der tiefsten zellulären und mikrobiellen Ebene. Die zelluläre Kommunikation ist die Grundlage für Gesundheit und Wohlbefinden. Sie ist auch die Wurzel von Krankheit. Vergiftete Lebensmittel erzeugen Krankheiten. Wir wissen vielleicht nichts über die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gesundheit. Aber unsere Zellen kennen sie. Unser Körper ist intelligenter als der reduktionistische, mechanische Verstand, den der moderne Mensch entwickelt hat. Würden wir auf unseren Körper hören, würde unser Wissen mehr mit der Intelligenz unseres Körpers übereinstimmen, die durch den Dialog zwischen Darm und Gehirn die eigentliche Intelligenz unseres Verstandes ist. Da Lebensmittel das Gedächtnis der biologischen Vielfalt im Boden und in den Pflanzen in sich tragen, ist die Art und Weise, wie Lebensmittel angebaut werden, ein wichtiger Faktor für die Gesundheit. Durch die ökologische Wissenschaft der Agrarökologie und des Ayurveda könnte unser Verstand mit der Intelligenz der Erde, unseres Körpers, seiner Doshas, seiner Zellen und seiner Mikroben gleichziehen, die uns durch Krankheitsepidemien auf die Gefahren in unserer Nahrung und Umwelt aufmerksam machen wollen.

Der Hunger- und Gesundheitsnotstand ruft Bürger und Regierungen dazu auf, die Trennung zwischen Mensch und Natur, zwischen Landwirtschaft, Nahrung, Ernährung und Gesundheit zu überwinden und die Zusammenhänge zu erkennen. Verflechtung erfordert Integration. Die biologische Vielfalt und die Unversehrtheit unserer Lebensmittel müssen im Mittelpunkt der öffentlichen Gesundheitspolitik stehen. Die Landwirtschafts- und Lebensmittelsysteme müssen als Gesundheitssysteme betrachtet werden, die einen gesunden Planeten und eine gesunde Gesellschaft erhalten und fördern. Wir müssen die Landwirte für den Anbau gesunder Böden, gesunder Pflanzen und gesunder Gemeinschaften belohnen, anstatt sie für den Einsatz fossiler Brennstoffe, Chemikalien und Gifte zu subventionieren, die zum Klimawandel, zur Wasserverschmutzung und -verarmung sowie zu Krankheiten beitragen. In Anbetracht des Ausmaßes der Hunger-, Mangelernährungs- und Gesundheitskrise in Indien müssen wir von einem chemischen System der Produktion von nährstoffarmen Waren zu einer ernährungssensiblen Landwirtschaft übergehen, die die »Gesundheit pro Hektar« und die »Nährstoffe pro Hektar« erhöht. Wir müssen das PDS-System und das ICDS-System als ein öffentliches Gesundheitssystem auf der Grundlage von One Health – Einer Gesundheit – neu definieren. Und wir brauchen öffentliche Aufklärungskampagnen, die den One-Health-Ansatz bei den Bürgern kultivieren.

Wir müssen unsere alten, bewährten wissenschaftlichen Systeme der Agrarökologie und des Ayurveda, die über den mechanistischen Reduktionismus hinausgehen und den Körper als komplexes, selbstorganisiertes Ökosystem begreifen, im Zusammenhang mit der Krankheitsepidemie und der modernen Biologie neu bewerten.

Ernährungssysteme sind das Herzstück von Gesundheit und Krankheit. COVID-19 hat den Menschen die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gesundheit vor Augen geführt. Gesunde Ernährung schafft einen gesunden Darm, der wiederum Immunität erzeugt. Die Menschen begannen, mehr Kurkuma, Ingwer und Ashwagandha zu essen. Die Pandemie hat die Menschen dazu gebracht, die Lehren des Ayurveda „Annam Sarva Aushadhi“ und von Hippokrates »Lass die Nahrung deine Medizin sein« zu leben.

Die biologische Vielfalt in den Böden, in den Pflanzen und in unserem Darm ist die Grundlage für die Selbstorganisation lebender Systeme – von den Bakterien im Boden über unseren Darm bis hin zu Gaia.

Die biologische Vielfalt des Nahrungsnetzes im Boden, die biologische Vielfalt der Pflanzen und die biologische Vielfalt unseres Darmmikrobioms, die in Gegenseitigkeit, Symbiose, Harmonie und Quantenkohärenz zusammenarbeiten, schaffen »Eine Gesundheit«.

Die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt als Organisationsprinzip für „Eine Gesundheit“ ist der wichtigste Schritt zur Wiederherstellung der Gesundheit des Planeten und der Gesundheit der Menschen.

Es ist diese Wissenschaft der Biodiversität und der Verbindung zwischen lebendigem Boden, lebendigem Saatgut, lebendiger Nahrung und lebendigen Ökonomien des Wohlbefindens, die Navdanya seit drei Jahrzehnten praktiziert und fördert. Für uns ist die Pflege der Erde Gesundheitspflege, sowohl für die Menschen als auch den Planeten.

Unsere Arbeit hat gezeigt, dass wir sowohl das SDG 2 (Null Hunger) als auch das SDG 3 (Gesundheit und Wohlbefinden für alle) erreichen können, indem wir die biologische Vielfalt in unseren Köpfen, auf unseren Höfen und in unserem Darm regenerieren und kultivieren.

Wie wir unsere Lebensmittel anbauen und was wir essen, ist die größte Veränderung, die jeder von uns vornehmen kann, um die Erde zu regenerieren, indem wir uns bewusst machen, dass die Natur lebendige und nicht tote Materie ist. Wir können mit der lebendigen Erde und ihrer Artenvielfalt zusammenarbeiten, um One Health – Eine Gesundheit – zu schaffen. Eine gesunde Erde bringt gesunde Menschen hervor.

Übersetzung aus dem Englischen von Alina Kulik / Pressenza

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